Den folgenden Bericht schrieb Imke Müller-Marienburg Anfang 2001, noch unter dem Eindruck der aufwühlenden Tage im Dezember.
Dieser Bericht soll zeigen, dass aus einem scheinbar hoffnungslosen Fall eine kleine große Collie-Persönlichkeit werden kann

Pollys Geschichte oder Rosies neuer Weg
Spät abends trafen wir ein bei den Koopmanns von „Collie in Not" in Westoverledingen.Wir, das sind Clarissa von Reinhardt, Hundetrainerin und ich, Imke Müller-Marienburg, noch in der Ausbildung zur Hundetrainerin.
Ich sah das matte Bündel Fell ganz hinten im Flur auf Decken in einem Hundekorb. Polly lag auf ihrer rechten Seite, die Beine ganz eng an sich gezogen; man konnte ihr Läufe gar nicht sehen. Wir traten vorsichtig an sie heran, langsam, leise.
Sie war hart wie ein Stein, völlig angespannt vor Angst. Aus Panik hörte sie auf zu atmen und drückte ihren Kopf in die Decken, als wollte sie sagen: „Tut mir bitte nichts, ich liege hier ganz still und tue Euch auch nichts!"
Irgendwann musste sie wieder atmen und hechelte nun schnell. Ein starker Mundgeruch machte sich breit.
Polly bestand nur aus purer Furcht. Ihre Decken waren nass, weil sie unter sich machte vor Angst.
Clarissa hockte neben ihr und arbeitete mit dem Tellington Touch bis spät in die Nacht hinein.
Am nächsten Morgen boten wir der Collie-Hündin Käsestückchen und Würstchenscheiben an. Polly bewegte sich nicht, machte keine Anstalten, die Leckerlis anzurühren.
Clarissa touchte sie wieder, lag stundenlang neben ihr in der Ecke, redete ruhig mit ihr, kam nach einer Zeit zu dem Entschluss, dass die Hündin Rosie heißen sollte. Das war aber auch die einzige Veränderung an diesem Tag. Am Abend saßen wir alle völlig deprimiert, bedrückt und traurig am Küchentisch und überlegten, ob eine Erlösung für die Hündin nicht besser wäre.
Eine zerbrochene Vase kann man Stück für Stück wieder zusammen kleben. Der Vase ist es egal, wie lange es braucht bis sie ganz und als Behältnis  brauchbar ist.
Ein Tier aber leidet auf diesem Weg des Heilens, und man muss abwägen, ob der Weg einer Therapie nicht zu lang, schwer und leidvoll ist.
Sollten wir Rosie diesen vielleicht sogar hoffnungslosen Weg ersparen?
Am nächsten Morgen rief Clarissa: „ Imke, komm schnell und schau Dir Rosie an!"
Ich sah Rosies Fell leuchten, sie hatte ihren Kopf gehoben, und ihr Gesicht strahlte etwas aus. Ja, ihr Blick sagte: „Ich will!"
Rosie ist inzwischen an den Chiemsee zu Clarissa von Reinhardt gezogen und lebt dort mit drei anderen Hunden im Haus. Durch viel Zuwendung, Zeit, Geduld und Verständnis werden ihre Schritte in das neue Leben immer größer.
Rosie ist immer noch recht still und ängstlich; aber wer weiß, vielleicht wird sie noch eine kleine freche Langnase.
Die ersten Fotos von Rosie bei Clarissa von Reinhardt in Grassau
Jannuar 2002
Inzwischen ist etwas mehr als ein Jahr vergangen. Rosie hat unvorstellbare Fortschritte gemacht. Sie begleitet ihr Frauchen und ihr Herrchen überall hin, genießt Streicheleinheiten auch von fremden Menschen, kurz: Rosie ist ein rundum glückliches Hundemädchen geworden, was die Bilder, die Clarissa von Reinhardt uns geschickt hat, deutlich belegen.